Klavier für Fotoshootings selber bauen

Bei Projektplanungen für neue Fotoshootings machte ich eine kleine Bestandsaufnahme von meinen Musikinstrumenten. Dabei sinnierte ich über ein großes Klavier, um genau zu sein ein Flügel. Man stelle sich mal vor was für geniale Aufnahmen damit entstehen können. Aber wo krieg ich den sowas zu einem bezahlbaren Preis her? Gar nicht! Abgesehen davon ist das Gewicht auch nicht zu vernachlässigen und überhaupt… Nein, das geht nicht. Was aber geht ist selbst eins zu bauen.

Gesagt, getan. Man muss natürlich nicht drauf spielen können und dient lediglich als Requisite für die inszenierte Fotografie wie ich sie liebe und ausführe. Mein Mann und ich fingen also an und skizzierten ein paar Entwürfe. Unten in unserer Werkstatt checkten wir was wir schon an Materialien hatten und erfrischenderweise war alles da, bis auf die beiden großen Platten, Deckel und Boden. Die Skizze war inzwischen schon ein ansehnlicher Plan mit allen Massen und so fuhren wir zum nächsten Baumarkt und holten uns die zwei benötigten Sperrholzplatten mit 12mm Dicke. Als Erstes zeichneten wir die typischen Rundungen eines Flügels ein. Das geschah ziemlich „freestyle-mässig“ aber wir hatten es auf Anhieb gut getroffen. Mit der Stichsäge sägten wir der Linie entlang und hatten danach direkt die Schablone für die 2 Platte. Die müssen ja logischerweise genau gleich groß sein.

Für die Wände vorne und seitlich nutzten wir die Materialien die schon vorhanden waren. Ein paar große MDF Stücke die wir vorher noch mit der Tischkreissäge auf 20cm Höhe zurecht sägten. Die Länge der Seitenwände definierte sich bis zum Anfang der Rundung von Deckel und Boden. Denn für die runde Konstruktion mussten wir uns noch etwas einfallen lassen. Das war noch nicht ganz klar, aber hey das kommt schon gut… dachten wir.

Übrigens wurde alles mit Schrauben befestigt, jedoch kein Leim benutzt. Der Flügel wird ziemlich groß werden. Es muss also transportabel und dementsprechend zerlegbar sein. Bei diesem Projekt sind aber auf jeden Fall einige Denkfehler passiert, die ich hier auch mit aufzählen werde. Kommen wir also direkt gleich zum ersten Missgeschick. Die Rundung.

Wie schon erwähnt hatten wir noch kein Plan wie wir das lösen können. Nach etwas Recherche gab es einige Möglichkeiten aus denen wir wählen konnten. Jedoch war für uns nur eine davon auch technisch realisierbar. Stichwort: Holz biegen.

Bei der Methode die wir benutzten, muss man bei der gebogenen Platte kleine Einkerbungen alle paar Zentimeter einschneiden, sogenannte Nuten (nur mit einem T geschrieben!!) Ich musste auf jeden Fall herzlich lachen als ich diese mir unbekannte Wort gehört habe. Je stärker die Biegung, desto kürzer die Abstände zwischen den Nuten und desto tiefer auch der Schnitt. Eine heikle Angelegenheit allemal. Wir maßen also nochmals nach, wie lange das gute Stück sein musste und die Höhe war ja klar auf 20cm definiert, so wie die anderen Wände. Dann fuhren wir erneut zum Baumarkt und holten uns auch diese Platte. Wieder zurück in der Werkstatt fingen wir direkt an diese Einkerbungen zu fräsen. Optimalerweise wäre eine Oberfräse die Maschine der Wahl gewesen, aber die Tischkreissäge war schon parat. Also versuchten wir es mit der. Es war gar nicht so einfach, aber nach vielen schweißtreibenden Minuten, wurden wir dann doch fertig.

Einkerbungen-Klavier

Es fühlte sich ziemlich instabil an und vorsichtig setzten wir mal langsam an. Wir verwendeten zusätzlich auch heißes Wasser, die wir mit Schwämmen auf die Rundung auftrugen, quasi als Unterstützung dafür, die Biegung stärker zu belasten ohne dass es bricht. Es kam alles anders. Die erste Bruchstelle kam in kürzester Zeit, dann eine weitere und nochmal eine… es war ein Reinfall. Die Rundung war an mehreren Stellen gebrochen und ein weiteres Vorgehen machte keinen Sinn. Eine Menge Arbeit für nichts. Dementsprechend hat meine bessere Hälfte direkt gut Dampf abgelassen und das war das Ergebnis:

DIY-Fail

Immerhin hatten wir wieder etwas Brennholz für unser nächstes Lagerfeuer. Ein oder zwei Kaffee später, haben wir uns alle beruhigt und studierten weiter wie wir nun diese Rundung reinbekommen. Wir mussten viel Recherche betreiben, welche Materialien sich gut biegen lassen. Von Gummiplatten bis zu einfachem Klebeband, die ganze Palette wurde intensiv durchgelesen und von uns für nicht zumutbar deklariert… Bis auf eine Methode. Besser gesagt ein Werkstoff der für dieses Vorhaben vielversprechend war. Eine bestimmte Leichtschaumplatte der Firma GUTTA.

Dazu gehen wir aber später näher drauf ein. Erstmal mussten wir ein Gerüst für diese Methode konstruieren. Dabei haben wir direkt die Teile der missratenen Rundung dazu benutzt. Diese werden dann später als Stütze für die Gutta Platte dienen, um sie auch zu verschrauben und kleben.

Rundung-Klavier

Nachdem das getan war, ging es auch schon zum nächsten Schritt. Ein weiterer Fehler der zwar nicht so schlimm war, aber auch völlig unnötig. Wir wollten den Deckel auf und zu machen können, ist ja klar. Wir benutzten dazu ein paar kleine, billige Scharniere.

Der Überlegungsfehler war gleich doppelt unnötig. Einerseits konnten die Scharniere die große Platte kaum halten und andererseits mussten die Schrauben so kurz sein, dass die im dünnen Sperrholz selbst kaum einen Halt gefunden haben. Wir dachten erst, wir müssten vielleicht größere Scharniere haben. Doch wir dachten etwas zu weit. Brauchten wir eigentlich so ein Klappmechanismus? Warum denn eigentlich? Einfach aufklappen und das wars. Tja, die faulste Methode ist manchmal die beste. 

Einfach eine kleine Holzleiste dran geschraubt damit der Deckel nicht wegrutschen kann, wenn es offen steht. Toll oder? Für heute gibt es Feierabend, denn sonst passieren noch mehr solche Sachen. Man muss auch mal eine Nacht drüber schlafen können. Tatsächlich ging es am nächsten Tag auch flotter und überlegter zu und her. Der nächste Schritt waren die Klaviertasten.

Zuerst wurde das Grundkonstrukt zugeschnitten, worauf dann die Tasten liegen. An der Frontseite des Flügels wurden simultan dazu kleine Winkel montiert, damit die Tastenplatte auch von unten etwas unterstützt wird. Ich gehe jetzt hier bewusst nicht auf die kleinsten Details darauf ein, weil sonst schreibe ich hier ein Buch. Es wurde viel improvisiert und alles ging viel einfacher aus der Hand, als der Tag davor. An den Bildern erkennt man aber ziemlich gut was wir so gemacht haben. Aus alten Holzesten wurden dann noch die Tasten selbst zurecht geschnitten und grob arrangiert.¨

Zusätzlich wurde noch die Deckelstütze parat gemacht. Ein schöne geknickte Holzleiste die früher mal Teil eines alten Stuhls war. Das nächste größere Unterfangen waren die Beine. Wir brauchten dafür etwas Zeit um herauszufinden welche Höhe am optimalsten wäre, vor allem auch dann wenn man davor sitzt. Wie sind die Arme angewinkelt und passt es auch wenn man steht. Viele Gedanken aber wir konnten uns auf eine Höhe einigen und dementsprechend wurden auch die Beine zugeschnitten. Die Stabilität war für das massive Klavier entscheidend. Wir haben bewusst dicke Kanthölzer genommen von 80x100mm. Dazu wurden diese auch noch auf Holzplatten montier um eine größere Auflagefläche zu haben. Zusätzliche Stabilität kann nicht schaden. Befestigt wurde dann mit Muttern und die entsprechenden Sechskantschrauben. Das Klavier stand bis auf die Rundung fertig da.

Nachdem wir zufrieden waren und sichergestellt hatten, dass alles schön stabil steht, A haben wir das Ganze in sämtlichen Bestandteilen wieder zerlegt um jedes Stück separat zu schleifen. Das ging super einfach und es war ein großes Kriterium beim Bau darauf zu achten, dass alles schnell auf und wieder abgebaut werden konnte. Davor wurden aber noch kleinere Unebenheiten oder falsch angesetzte Bohrlöcher mit einem 2-Komponenten Polyurethan zugespachtelt. Beim Schleifen kamen verschiedenen Körnungen zum Einsatz und für die großen Flächen auch ein Exzenterschleifer. Die Maschine spart wirklich Unmengen an Zeit ein.

Aber nun kommen wir zu dem letzten Abschnitt, die uns soviel Kopfzerbrechen verursacht hat. Also ab zum Baumarkt, schon wieder. 2 Platten würden reichen und das gute ist, man konnte sie mit einem scharfen Teppichmesser zuschneiden. Was aber noch besser war und wir uns deswegen auch für diesen Werkstoff entschieden hatten: Bei Hitze konnte man es mühelos biegen und beim abkühlen blieb es in der Form. Absolut genial. Die beste Methode war natürlich ein Industriefön einzusetzen. Doch man musste dennoch vorsichtig sein. Zuviel Hitze lässt das Material schmelzen und man musste den Fön mit genügend Abstand immer nur punktuell auf die Platte drauf halten. Aber in der Summe waren wir super happy das es klappte. Mit Schraubzwingen und Holzleim befestigten wir die gebogene Platte an das zuvor angeschraubte Gerüst und fixierten es zusätzlich mit ein paar Nägel.

Über Nacht wurde das so stehen gelassen und am nächsten Tag machten wir genau die gleiche Arbeit nochmal aber von Innen. Das Projekt war soweit fertig und ruhte erstmal ein paar Tage, da wir noch anderes zu tun hatten. Aber dann kam der Schlussspurt und zwar der Anstrich. Also nochmals alles wieder in die Einzelteile zerlegen. Wirklich Toll wie einfach es ging. Dann wurde erstmal mit weißer Wandfarbe grundiert und danach mit einer hochwertigen Lackfarbe fertig gestrichen.

Aber der Schock kam dann erst zum Schluss. Das Klavier passt in unserem Auto in der Breite gerade eben so rein. Es handelte sich nur um Millimeter aber es passte. In der Zwischenzeit mussten wir ein neues Auto organsierten weil das alte Auto hat den Geist aufgegeben. Tja, wie soll es auch anders ein, der Kofferraum war zwar grösser aber insgesamt eine schmalere Öffnung. Der Boden und Deckel passten nicht ein, Wir mussten beide etwas nervös lachen aber schlussendlich war es halb so schlimm. Wir besorgten uns für das neue Auto noch Dachträger und Spanngurten. Problem gelöst. Uffff…

Fazit: Trotz einiger Probleme hat es richtig viel Spaß gemacht dieses Piano zu bauen. Die paar Momente wo es nicht klappen wollte, wurde durch viel Improvisation wieder gut gemacht. Eigentlich war fast alles PI x Daumen. Aber ich bin überzeugt dass damit viele wundervolle Shootingprojekte entstehen werden.

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Elena Frizler

Fotografin, Künstlerin, Schneiderin, Bastlerin, Träumerin, Abenteurerin

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Elena Frizler